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Kallikratis Kreta - Märtyrerorte in Griechenland

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2018-12-12 2018-12-12 12.12.2018

Kallikrátis ist ein kleines kretisches Bergdorf und liegt in 750 m Höhe in den Weißen Bergen im Bezirk Sfakiá. Heute wird Kallikrátis nur noch von wenigen Einwohnern dauerhaft bewohnt, nur im Sommer kommen noch viele Menschen, die von dort stammen, zu Besuch.

Bei einer Veranstaltung am 3. Oktober 2018 wurde Kallikrátis unter Anwesenheit des griechischen Staatspräsidenten Prokópis Pavlópoulos offiziell in die Liste der „Märtyrerorte“ Griechenlands aufgenommen, die inzwischen ungefähr 100 Orte umfasst.

Mit dem Begriff Märtyrerdörfer und -städte Griechenlands (Μαρτυρικά χωριά και πόλεις της Ελλάδας) werden in Griechenland seit 1998 Gedenkorte bezeichnet, in denen während der Jahre der deutschen Besatzung zwischen 1941 und 1944 in größerem Ausmaß Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung verübt wurden. Aufgenommen werden nur Orte, für die vorab durch ein wissenschaftliches Gremium die jeweiligen Greueltaten historisch aufgearbeitet wurden.

Was war in Kallikrátis im Zweiten Weltkrieg passiert? Der 1945 verfasste „Bericht der Zentralen Kommission zur Feststellung der Gräueltaten auf Kreta“ (Mitglied dieser Kommission war u.a. der Schriftsteller Nikos Kazantzákis) schreibt dazu: „Am 6.10.43 kam eine Streitmacht von ungefähr 500 Deutschen unter heftigem Maschinengewehrfeuer zur Einschüchterung der Bewohner nach Kallikrátis und hinderten diese an der Flucht. Trotzdem gelang den meisten Männern die Flucht aufgrund des bergigen und waldbewachsenen Geländes. Die übrigen – ungefähr 30 Männer und die Frauen und Kinder – wurden gefangengenommen und im Kirchhof festgehalten. Verstärkt durch die Ankunft weiteren Militärs wie der berüchtigten Mannschaft von Schubert begannen die Deutschen, das Dorf zu plündern und die Einwohner zu verhören, die sie der Zusammenarbeit mit [dem Andartenführer] Badouvás beschuldigten. Danach, wütend über dessen Flucht, ermordeten sie zuerst etwa zehn Männer nach furchtbaren Folterungen in einem baufälligen Haus, die übrigen auf den Straßen oder in den Höfen ihrer Häuser. Insgesamt wurden am 8.10.43 29 Personen hingerichtet, unter ihnen der pensionierte Gendarmerieoffizier G. Manousélis, 62 Jahre, mit seinem Sohn Emmanouil, die Greise Man. Vougioúkalos, 70 Jahre, Man. N. Manousélis, 60 Jahre, Man. G. Manousélis, 62 Jahre, Rous. Gantadákis, 60 Jahre, Emm. Konstantoudákis, 60 Jahre. Außerdem die Frauen Evang., Witwe von Tsivoledákis, 65 Jahre, Zabia I. Papadosífou, 50 Jahre, M. Chairetáki, 60 Jahre, und Aikat. Giannakáki, 30 Jahre. Außerdem die Brüder Aléxandros, Nikólaos, Emmanouil und Manoúsos G. Vougioúkalos, im Alter von 20 bis 32 Jahren.

Gleichzeitig mit den Hinrichtungen plünderten sie und setzten anschließend Kallikrátis in Brand; von den Häusern verbrannten sie ungefähr 80. Von den Frauen verhafteten sie 20 jeden Alters, die sie einen Monat lang in Agiá eingesperrt hielten. Weil nach all dem ein Teil der Armee auf dem Weg nach Süden von einer Gruppe Andarten beschossen wurde, verhafteten die Deutschen im Dorf Kallikrátis weitere drei Frauen, ermordeten sie in ihrem Haus und sprengten dieses dann in die Luft. Die Gegend wurde zur verbotenen Zone erklärt und es wurde dort eine dauerhafte Wache eingerichtet, während sich die Frauen und Kinder in die Berge, die Wälder und die Nachbardörfer zerstreuten.“

Mit der Verleihung der Bezeichnung „Märtyrerort“ am 3. Oktober 2018 wurde Kallikrátis auch in das Netzwerk der Märtyrerstädte und -dörfer Griechenlands (Δίκτυο μαρτυρικών πόλεων & χωριών της Ελλάδος) aufgenommen. Der Sitz dieses Netzwerks ist die Märtyrerstadt Kalávryta (Peloponnés). Das Netzwerk hat die Aufgabe, Maßnahmen und Programme zu entwickeln, die das historische Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs bewahren sowie die Erinnerung des griechischen Volkes an seinen Beitrag zur Niederschlagung des Nazismus und des Faschismus aufrechterhalten. Gleichzeitig soll den während der Besatzungszeit kämpfenden, hingerichteten, verfolgten, eingesperrten und gefolterten Bewohnern der Städte und Dörfer ein würdiges Andenken bewahrt werden.

Zitate zum Kriegsverbrechen in Kallikrátis aus dem Kreta-Wiki:

"Ich war elf Jahre alt. Wir Kinder und die Frauen haben uns in einer Höhle versteckt. Wir hatten Hunger und haben das Grünzeug rund um die Höhle gesammelt und gegessen. Die Deutschen haben viele Männer erschossen, auch meinen Vater." Nikitas Manouselis, Kallikratis 

"Sie haben alle Frauen und Kinder aus den Häusern getrieben, so wie sie waren. Und dann haben sie die Häuser geplündert, alles mitgenommen, Kleider, Decken, Essen... Eine Verwandte hatte ein Baby, ein paar Monate alt. Nichts konnte sie mitnehmen. Ein deutscher Soldat hat sie gesehen, er hat fast geweint. Vielleicht hatte er auch ein kleines Kind zuhause. Er hat eine Decke aus einem Haus geholt und der Mutter gegeben, ’für den Picolo’ hat er gesagt. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich das erzähle." 

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